Nach Hameln sind es wieder ca. 25 km Flussstrecke, die vor euch liegen. Das Tal der Weser beginnt sich ab hier zu verbreiterter, sodass die Höhenzüge nur noch selten nah an den Fluss treten. Der Campingplatz vom Kanu-Klub Hameln liegt am rechten Weserufer und ist über einen Anleger zu erreichen. Wenn ihr von hier wieder aufbrecht, fahrt bitte so bald wie möglich Richtung gegenüberliegendes Ufer, damit ihr den Schleusenkanal bzw. die Bootsrutsche nicht verpasst. Anders könnt ihr das Wehr nicht umgehen. Die Leute vom Kanu-Klub sind sehr nett und geben euch gern Auskunft, falls ihr euch unsicher seid. Das Schleusen müsst ihr vorher telefonisch anmelden).
Die malerische Innenstadt Hamelns ist nicht weit. Hier könnt ihr euch stärken, Proviant auffüllen und euch die typischen Fachwerkhäuser ansehen. Zum Essen könnt ihr aber auch eine kleine Wanderung (ca. 50 Min.) zum sehr gemütlichen Forsthaus Finkenborn auf dem Klüt unternehmen. Die Erhebung ragt direkt gegenüber dem Campingplatz am anderen Ufer auf und ist zum Großteil aus dem, im Vergleich zum Muschelkalk, weichen Material des Keupers aufgebaut, weshalb die Anstiege auch sehr seicht verlaufen. Straßenanschnitte, an denen man das Gestein sehen kann, sind selten. An manchen Stellen schaut aber der grau-braune Steinmergelkeuper unter dem Laub hervor.
Solltet ihr euch Fahrrad leihen wollen, könnt ihr das in der Innenstadt bei Troches Fahrradshop tun. Damit seid ihr dann auch fix beim nächsten Aufschluss am Ohrberg (ca. 6 km; 30 Min.). Direkt an der B83 steht der Mittlere Keuper an. Die Steilwand ist gut gesichert, um die Straße vor Rutschungen zu schützen. Ihr müsst also damit vorlieb nehmen nur über die Absperrung spähen zu können.
Das Gestein ähnelt sehr der Roten Wand in Polle, wird jedoch dem Gipskeuper zugeordnet ² und ist somit ein wenig älter. Die Rote Wand entstand vor etwa 228 Mio. Jahren und der Gipskeuper bereits vor ca. 235 Mio. Jahren. Dazwischen liegt der grobkörnigere Schilfsandstein, der sich bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten in den Rinnen der Flusssysteme des Mittleren Keupers ablagerten. Dieser Schilfsandstein befindet sich oben auf dem Ohrberg ², sodass es sich bei dem Material im Liegenden um den Gipskeuper und nicht die Rote Wand handeln muss. In der Gegend um Vlotho wird der Schilfsandstein als Baustein gewonnen.
Die eiszeitliche Weser
Nun geht es wieder zurück aufs Ostufer Richtung Rohrsen und Dütberg. Für diese Tour (ca. 5 km) braucht ihr vom Campingplatz aus etwa 20 Minuten. Theoretisch könnt ihr auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, aber das ist recht umständlich – mit dem Fahrrad seid ihr einfach viel schneller und unabhängiger. Eine Wanderung zum Dütberg würde ungefähr 1,5 Stunden dauern.
Der „Gipfel“ des Dütbergs ist eine Ablagerung aus eiszeitlichen Kies- und Sandablagerungen, die sich während des Drenthe-Stadiums der Saale-Kaltzeit mit dem Schmelzwasser absetzen ².
Anders als in Wahmbeck bei Bad Karlshafen findet sich hier auch etwas nordisches Material, das mit den Gletschern aus Skandinavien herangetragen wurden. Hauptsächlich handelt es sich um Granit und Gneis. Das Eis riss große Blöcke Granit/Gneis mit, in dem sie am Gletscher festfroren. Mit der südwärts Bewegung kamen sie immer näher an ihren heutigen Standort. Durch weitere Frostsprengung und Reibung wurden sie zerkleinert. Die Gletscher schoben große Mengen Sand und Geröll unterhalb der Eismassen mit sich, was sich dann als Grundmoräne übrigblieb. An der Gletscherfront schob der Gletscher ähnliches Material vor sich her, das als Endmoräne bezeichnet wird. Das Schmelzwasser unterhalb der Gletscher transportierte das Material ebenfalls und rundete es zudem gut. Dieser Prozess wurde verstärkt, als das Eis abzuschmelzen begann. Mehr zum Thema Gletscher gibt es im Abschnitt Mittelweser.

Flussläufe und Ablagerungen zur Ober- und Mittelterrassenzeit in der Region zwischen Hannover und Osnabrück. Nach Abb. 1 aus Rohde (1994)3.
Das Eis der Elster-Kaltzeit drang bis nach Hameln vor ¹. Vor dieser Kaltzeit nahm die Weser noch einen nordöstlichen Verlauf über Hannover (Oberterrassenkomplex). Zwischen ausgehender Elster-Kaltzeit und Drenthe-Stadium begann sich dann ein ähnlicher Verlauf wie heute auszubilden. Der Durchbruch an der Porta Westfalica wurde ebenfalls genutzt, jedoch floss der Fluss zunächst weiter nach Westen statt nach Norden ³. Der Oberlauf der Weser führte damals viel mehr Wasser, der Talboden bei Rinteln erreichte eine Breite von ca. 3,5 km und es herrschten Wildwasserbedingungen ¹.
Infolge des sich ausdehnenden Eises des Drenthe-Stadiums wurde der Weser ihr Weg durch die Porta aber bald versperrt ¹. Das Schmelzwasser konnte kaum abfließen, sodass sich zwischen Hameln und Rinteln ein großer Eisstausee bildete, der sich zeitweise bis nach Bad Oeynhausen und Herford ausdehnte. In diesem See ging die Weser quasi verloren ¹. Nach der Eisschmelze war der Weg durch die Porta wieder frei und der heutige Verlauf der Weser konnte beginnen. Während der letzten Eiszeit (Weichsel) reichte das Eis nur bis zur Höhe Hamburg und entlang der Elbe. Neben Ablagerungen aus Rutschungen von Permafrostböden auch kommt auch Löss aus dieser Zeit an der Weser vor ¹.

Ein Sechsfleck-Widderchen auf einer Skabiose am Dütberg bei Hameln.
Der Dütberg bietet neben dem herrlichen Ausblick auf das Hamel-Tal außerdem eine besondere Flora und Fauna. Es kommt Ruderalvegetation, dessen Pionierpflanzen die nährstoffarmen Schmelzwasserablagerungen besiedeln. Hier wachsen Pflanzen wie die Wilde Möhre (Daucus carota), der Rainfarn (Tanacetum vulgare) und einige Arten Klee. Die Vegetation zieht verschiedene Bienenarten an oder z.B. das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae).
Auf dem Weg zum Aufschluss Naturschutzgebiet Kalkofen durchquert ihr das Tal der Hamel, die in einem Bogen die Innenstadt durchquert und jenseits des Wehres in die Weser mündet. Nach einem kurzen Stück über den Feldweg seht ihr auch schon die ehemalige, enge Einfahrt zum alten Steinbruch. Durchquert ihr diese, öffnet sich der Steinbruch zu einer hellen Lichtung, auf der zahlreiche Blumen und Kräuter wachsen. Am nördlichen Ende ist die Abbruchwand noch gut zu erkennen, die im Sommer leider stark bewachsen ist. Achtung: An der Wand kann es Steinschlag geben! Der abgebrochene Schutt davor vermittelt euch einen Eindruck davon, welche Größe solche Steinschläge haben können. Er dient aber auch gut als Anschauungsmaterial. Hier steht der Obere Muschelkalk an, in dem ab und an Fossilien und ihre Wühlspuren zu finden sind. Für die Gesteinsbeschreibung bitte im Kapitel Polle schauen.
Literatur:
- Betzer, H.-J. et al. (2003): Geologie im Weser- und Osnabrücker Bergland. (Hrsg.: Geologischer Dienst NRW, Krefeld.)
- Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (1999): Geologische Karte von Niedersachsen 1:25.000, abgerufen über den NIBIS®-Kartenserver im April 2017.
- Rohde, P. (1994): Weser und Leine am Berglandrand zur Ober- und Mittelterrassen-Zeit. (Eiszeitalter und Gegenwart, Bd. 44; pp. 106-113).