Strand und Meer bei Rinteln

Habt ihr die Bootsrutsche bzw. die Schleuse in Hameln gut überstanden, geht es weiter nach Rinteln. Auf dieser ca. 30 km langen Strecke biegt die Weser leicht nach Nordwesten ab und fließt etwa ab Hessisch Oldendorf in Schleifen parallel zum nördlich gelegenen Wesergebirge. Trotz der etwas längeren Etappe kann man Rinteln auch bei gemütlichem Paddeltempo gut in etwa 3 Stunden erreichen, da die Strömung leicht zunimmt. Kurz vor der Stadtbrücke befindet sich der Campingplatz des Kanu-Klubs Rinteln am rechten Weserufer. Über einen Anleger könnt ihr das Boot an Land auf die schöne Wiese bringen. Informationen zum Fahrradverleih findet gibt euch der Tourismusverband Pro Rintel e.V..

Was Rinteln nun mit Meer und Strand zu tun hat, erfahrt ihr an den nächsten Aufschlüssen.

Das Jura-Meer

Im Jura begann sich der Atlantik zu öffnen und die Form Tethys-Ozeans änderte sich so, dass er auch als Ur-Mittelmeer bezeichnet wird ¹. Dies hatte eine Neugestaltung des Norddeutschen Beckens zur Folge; es bildeten sich neue Senken und Schwellen.

Zunächst geht es zum alten Steinbruch bei Todenmann. Vom Campingplatz aus sind es etwa 7 km (30 Min. mit dem Rad). Hier wurde der eisenhaltige sog. Korallenoolith zunächst über Tage abgebaut, was sich mittlerweile auf die Grube „Bergmannsglück“ untertage verlagert hat. Zusammen mit der Grube Nammen gehört dieses Abbaugebiet zur Barbara Erzbergbau GmbH. Die nicht erzhaltigen, kalkigen Anteile des Korallenooliths werden zu Schotter und Split für den Straßenbau verarbeitet.

Vom Parkplatz an der Bundesstraße folgt ihr dem geteerten Wirtschaftsweg und den Schildern der Barbara GmbH. Am Ende des Weges befindet sich die Zufahrt zum Steinbruch. Durchquert ihr sie, öffnet sich der imposante Steinbruch nach Osten. Wenn ihr von ihr auf die Ostwand schaut, könnt ihr erkennen, dass die Schichten nach Norden einfallen und von West nach Ost streichen, was typisch für das Wesergebirge ist (siehe nächstes Kapitel). Eine Messung am benachbarten Steinburch „Steinbergen“ hat ein Einfallen mit einem Winkel von ca. 15° ergeben 7.

Hier stehen Gesteine des Mittleren Jura (Dogger) und des Oberen Jura (Malm) an, die sich vor ca. 156 Mio. Jahren ablagerten. Zu Beginn des Jura (ca. 200 Mio. J. vor heute) befand sich im niedersächsischen Raum immer noch ein Meer. Die Rheinische Masse war in ihren Randbereichen ebenfalls wasserbedeckt. Zudem bestand eine Verbindung zum weiter südlich gelegenen Tethys-Ozean, über die viele Lebewesen in unsere Region gelangen konnten. Im höheren Dogger begannen allerdings Hebungsprozesse, die die Ausbildung einiger Schwellen zur Folge hatte, die das Norddeutsche Becken verkleinerten ¹. Die Küstenlinie verschob sich wieder Richtung Norden. Aufgrund dieser Schwellenbildung sind die Gesteine des Juras nicht überall abgelagert bzw. erhalten geblieben. Auf Hochlagen wurde sie nicht abgesetzt und in anderen Bereichen wurden sie recht schnell wieder erodiert. Gesteine des Jura finden sich vor allem in ehemaligen Senken dieser Zeit.

Die älteste Einheit in unserem Steinbruch stammt aus dem höheren Dogger und wird als Onatenton-Formation bezeichnet. Diese Sedimente lagerten sich wahrscheinlich noch unter vollmarinen Bedingungen in tiefer gelegenen Meeresbereichen ab. Das Gestein ist grau bis dunkelgrau, kalkhaltig, feinkörnig und enthält häufig Abdrücke von Muscheln und Ammoniten ².

Abdruck eines Ammoniten im Tonstein des Dogger am alten Steinbruch bei Todenmann.

Im östlichsten Teil des Steinbruches steht es in der untersten Ecke an. Bitte denkt daran, dass es auch Steinschlag geben kann und geht nicht zu nah an die Steilwand. Im Bereich der Wege finden sich noch weitere Blöcke des Gesteins, die ihr gefahrlos untersuchen könnt. An diesen Stellen ist es zudem stärker von Verwitterung betroffen, sodass es feinplattig und brüchig erscheint.

Im Hangenden der Ornatenton-Formation schließen sich die Heersum-Schichten an, die sich im unteren Malm (Oxford, rund 156 bis 152 Mio. Jahre vor heute) ablagerten. Die kalkhaltigen Sandsteine heben sich mit ihrer hellbraunen bis beigen Farbe gut von den dunkleren Tonsteinen ab und bilden einen Härtling. Die scharfe Grenze dokumentiert eine erosive Überlagerung: Während der Ablagerung der ältesten Heersum-Schichten kam es zur Erosion der jüngsten Ornatenton-Ablgerungen.

Diese Änderung im Gestein zeigt auch die Veränderung in der damaligen Paläogeographie. Die Hebungsprozesse schritten weiter voran und aus Meer wurde Festland. An der Basis der Heersum-Schichten sind noch Fossilien mariner Lebewesen zu finden, während sich weiter im Hangenden fluviatile Sedimente finden lassen, die sich unter terrestrischen Bedingungen absetzten ¹.

Die östliche Ecke des Steinbruchs Todenmann. Zu sehen sind Ablagerungen aus dem Dogger (Ornatenton) und dem Malm (Heersum-Schichten und Korallenoolith).

Im Verlauf des Oxfords kam das Meer aber noch einmal zurück: Das Hangende der Heersum-Schichten bildet der Korallenoolith. Dabei handelt es sich um einen stark kalkhaltigen, hellen Sandstein, der sog. Ooide ausbildete. Die Farbe reicht von hellbeige über gelblich bis rötlich. Dieser Übergang ist nicht mehr so eindeutig zu erkenennen, Schichten von Mergel nehmen aber gegenüber den Heersum-Schichten zu. Es werden, wie der Name schon verrät, auch fossile Korallen in diesem Gestein gefunden, was auf die Ablagerung in einem gut durchlichteten und durchlüfteten Flachmeer hinweist ¹. Im östlich gelegenen Wiehengebirge ist der Korallenoolith nicht nachgewiesen, dort dominieren die fluviatilen Schüttungen ¹. Außerdem ist er der Grund, weshalb wir heute diesen schönen Aufschluss sehen können. Das Gestein enthält maximal sieben eisenerzhaltige Horizonte ¹, die im Wesergebirge seit Ende des 19. Jahrhunderts abgebaut werden. Der Eisengehalt dokumentiert eine festlandnahe Ablagerung, da Eisenverbindungen als Verwitterungsprodukte häufig an Sedimenten anhaften und so in unser Gebiet eingeschwemmt oder eingeweht wurden.

Etwa einen Kilometer nördlich des Steinbruches befindet sich das Besucherbergwerk Kleinenbremen. Hier wurde ebenfalls der Korallenoolith abgebaut. Die ehemalige Grube Wohlverwahrt ist als Besucherbergwerk eingerichtet – für wenig Geld könnt ihr eine Reise untertage unternehmen. Außerdem befindet sich auf dem Gelände eine alte Abbruchwand, die vom ehemaligen Tagebau zeugt. Heute wird nur noch das bedeutendste Erzvorkommen untertage in der Grube Wohlverwahrt-Nammen abgebaut. Es erreicht eine Mächtigkeit von 3-7 m und enthält 15 % Eisen ¹.

Strände der Unterkreide

Reisen wir ein bisschen weiter in der Zeit: Auf dem Weg zum Bückeberg (von Kleinenbremen ca. 15 km; 1 Std. 15 Min. mit dem Rad) überwindet ihr nicht nur knapp 300 Höhenmeter, sondern auch ungefähr 10 Millionen Jahre Erdgeschichte. Ab der Kreide-Zeit (ca. 142 Mio. Jahre v. heute) begann die Gebirgsbildung der Alpen, da die afrikanische Kontinentalplatte mit der Eurasischen kollidierte. Dieser Prozess verlief über lange Zeit in verschiedenen Phasen (hauptsächlich Kreide bis Tertiär, etwa 100 Mio. Jahre) und dauert in abgeschwächter Form bis heute an ¹. Für unser Gebiet ist wichtig, dass diese Gebirgsbildung auch Auswirkungen auf nördlich gelegenere Bereiche hatte. Die Erdkruste wurde verformt, sodass sich neue Hebungs- und Senkungsgebiete entwickelten. So sind die viele deutsche Mittelgebirge wie Wiehen- und Wesergebirge, aber auch der Harz und der Böhmer Wald im Zuge dieser Gebirgsbildung herausgehoben worden. Ihre heutige Morphologie erhielten sie allerdings erst durch verschiedene Erosions- und Ablagerungsprozessen vom Paläogen bis heute ¹.

Schematische Darstellung der Paläogeographie zur Zeit der Unterkreide (Hauterive). Vereinfacht nach Betzer et al. (2003)¹ , Abb. 19.

Zu Beginn der Unterkreide hatte Gebirgsbildung noch kaum Einfluss auf die Paläogeographie des heutigen Weserberglands. Ähnlich wie im Jura befand sich südlich des heutigen Niedersachsens immer noch Festlandgebiet und nach Norden erstreckte sich eine Senke mit einem Binnenmeer (siehe Abb. links). Dies hatte nun aber keine Verbindung mehr zu anderen Ozeanen. Die Küstenlinie lag etwa auf der Höhe Münster und in Südniedersachsen bestand eine flache Landschaft aus verzweigten Flusssystemen, kleineren Inseln mit Lagunen und Sandstränden 6. Im Flachwasserbereich lagerten sich mächtige Schichten von Sand und Tonmergel ab. So auch die Bückeburg-Formation, zu der der Obernkirchener Sandstein gehört. Im Gegensatz zum Korallenoolith, der sich ebenfalls in Flachwasserbereichen ablagerte, ist der Obernkirchener Sandstein nicht erzhaltig. Es handelt sich um einen hellen Sandstein, der zu 95 % aus gut gerundeten und gut sortierten Quarzkörnern besteht 6. Er erscheint sehr gleichmäßig, weshalb er wohl auch für viele Gebäude überall auf der Welt verwendet wurde: Das Bremer Rathaus, die Hamburger Börse, Teile des Ulmer Münster und sogar der Katharinenpalast bei St. Petersburg sowie das Weiße Haus wurden aus dem Obernkirchener Sandstein erbaut. Erste Belege für die Verwendung lieferte der Aufbau des Mindener Doms im 11. Jahrhundert 4 .

Das Klima zur Zeit der Unterkreide war tropisch, damals befand sich die Region etwa bei 35°N, was sich auch in der Flora widerspiegelte: Ginkgos, Baumfarne und Schachtelhalme waren typische Pflanzen 6. Aber auch für die Lebewesen vor 140 Mio. Jahren waren die lagunenartigen Flachwasserbereiche von Bedeutung. Schildkröten und pflanzenfressende Saurier nutzten den Bewuchs als Nahrungsquelle;. Krokodile und fleischfressende Saurier jagten hier ihre Beute 6. So kam es, dass Saurier vor vielen, vielen Millionen Jahren genau dort entlangliefen, wo ihr nun steht.

Fußabdruck eines Allosaurus am Steinbruch auf dem Bückeberg.

Dabei hinterließen sie ihre Fußabdrücke im weichen Sand. Damit die Spuren erhalten bleiben, muss ein Ereignis stattfinden, dass sie mit neuem Sediment bedeckt und ausfüllt. Das wäre zum Beispiel während einer Sturmflut der gegeben, die neuen Sand und Schlick heranträgt. Aber wieso werden die Spuren dadurch nicht verwischt? Es muss zuvor eine längere Zeit ohne Wasserzufuhr gegeben haben, sodass die Spuren austrocknen und sich etwas verfestigen konnten. Zudem wird angenommen, dass Algenmatten, die sich auf den wasserfreien Flächen bildeten, die Verfestigung begünstigten 3.

Wieso findet man Saurierspuren nicht öfter?

Im Bereich des Weserberglands sind noch weitere Spuren aus dem Oberen Jura und der Unterkreide enthalten, z.B. bei Brakhausen, Rehburg-Loccum oder auf dem Süntel. Das heißt, dass zu dieser Zeit die Bedingungen für eine Fossilisation der Spuren besonders günstig gewesen sind: Zum einen haben sich, bspw. aufgrund von guter Nahrungsverfügbarkeit, häufig Saurier in den genannten Bereichen aufgehalten und zum anderen war das Sediment gut geeignet, um tiefe Abdrücke zu hinterlassen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass ein plötzliches Ereignis (wie oben beschrieben) auftritt, welches die Spuren zuschüttet und konserviert. Zum Schluss muss natürlich jemand die Spuren entdecken. Das geschieht durch Zufall, wie eben auch am Bückeberg während des Sandsteinabbaus. Ihr seht – es sind viele Faktoren, die zusammentreffen müssen, damit Fossilien gut erhalten bleiben. Daher lohnt sich die Tour auf den Bückeberg! In schöner Waldumgebung könnt ihr die Spuren kostenlos und in Ruhe bestaunen.

Gut erhaltene Strömungsrippeln im Obernkirchener Sandstein auf dem Bückeberg.

Die Wasserbewegungen in der Lagune am heutigen Bückeberg sind durch Rippelmarken dokumentiert. Sie wurden ähnlich konserviert wie die Saurierspuren. Wenn ihr schon einmal bei Ebbe auf einer Sandwattfläche (z.B. an der Nordseite der Ostfriesischen Inseln) spazieren gegangen seid, könnt ihr euch ungefähr vorstellen, wie diese Strömungsippeln im Sand ausgesehen haben. Außerdem kann man anhand der Form der Rippeln die Fließrichtung des Wassers ablesen: Die Rippeln haben eine steilere und eine flachere Seite. Der Sand wurde vom Wasser aus Richtung der flacheren Seite herantransportiert und bildete eine kleine Erhebung, die sich an der strömungsabgewandten Seite steiler ausbildete. Im Falle des Fotos floss das Wasser in Richtung des roten Endes des Kugelschreibers. Um eine genauere Aussage über die Strömungsrichtungen in der Lagune machen zu können, reicht dieser kleine Ausschnitt allerdings nicht aus.

Die Pflanzenwelt im sumpfigen Hinterland dieser Lagunenlandschaft führte zu Torfbildungen, die dann durch den mehrere Millionen Jahre andauernden Prozess der Inkohlung zu Steinkohle umgewandelt wurden. Proteine, Zellulose und Huminsäuren werden nach und nach Abgebaut und der Wassergehalt nimmt ebenfalls ab, sodass das Material bald nur noch Kohlenstoff enthält. Zunächst wird dieser Prozess noch durch mikrobiellen Abbau der Substanzen gesteuert, mit zunehmender Absenkung des Sediments und steigenden Temperaturen kommen geochemische Vorgänge zum Tragen. Steinkohle enthält zwischen 40 % (Flammkohle) und ≤ 10 % (Anthrazit) flüchtige Bestandteile, hauptsächlich Wasser und Gase 5. Im Schaumburger Land wurde die Steinkohle noch bis in die 1960er Jahre abgebaut 1. Ein gringmächtiges Flöz steht auch im Steinbruch auf dem Bückeberg an. Zu normalen Betriebszeiten darf man ihn nicht betreten, jedoch könnt ihr am „Tag des Geotops“ an Führungen teilnehmen. Größere Gruppen können auch für andere Tage beim Steinbruch angemeldet werden 6.

Im Verlauf der Unterkreide rückte die Küstenlinie immer weiter südwärts, sodass sie sich zur frühen Oberkreide (Cenoman, ca. 95 Mio. Jahre v. heute) etwa auf Höhe Kassel befand; die Landmassen im Norden (Pompeckjesche Schwelle) wurden überflutet 1. An der Kreide-Tertiär-Grenze begann sich das Meer immer weiter zurückzuziehen, das Klima wurde trockener und Sediment und Gestein wurden zunehmend erodiert 1, was auch auf die Vorgänge der Alpenauffaltung zurückzuführen ist. Im Pliozän (ca. 5 Mio. Jahre v. heute) setzten dann größere Klimaschwankungen ein und das Klima des Pleistozäns (ca. 2,6 Mio. Jahre v. heute) war von Eiszeiten geprägt.


Literatur:

  1. Betzer, H.-J. et al. (2003): Geologie im Weser- und Osnabrücker Bergland. (Hrsg.: Geologischer Dienst NRW, Krefeld.)
  2. Denke, E. (1978): Ein Profil von den Ornaten-Schichten (Callovium-Dogger) bis zum unteren Korallenoolith (Oxfordium-Malm) im Grubenfeld Konrad , Salzgitter-Bleckenstedt (Ostniedersachsen). (In: Mitteilungen aus dem Geologischen Institut der Universität Hannover, Bd. 15; S. 85-119.)
  3. Informationstafel des Geologischen Lehrpfads am Bückeberg.
  4. Hompage des Unternehmens Obernkirchener Sandstein® , aufgerufen im April 2017
  5. Spektrum Akademischer Verlag (2000): Lexikon der Geowissenschaften: Inkohlung. Online aufgerufen im April 2017.
  6. Richter, A. & Stratmann, U. (2017): Obernkirchener Sandsteinbrüche auf dem Bückeberg – Naturwerksteine und Fossilien der Unterkreidezeit. (Hrsg.: Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Hannover) Online aufgerufen im April 2017.
  7. Meier, D. (2004): Steinbruch Steinbergen. (Im Auftrag der Norddeutschen Naturstein GmbH). Webseite zu Informationszwecken, aufgerufen im April 2017.

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