Das Weser-Ästuar

Nun seid ihr schon fast am Ende der Weser angekommen! Die letzte Station ist die Außenweser bei Bremerhaven. Die Weser öffnet sich Richtung Nordsee und ihr habt einen fantastischen Ausblick auf den Mündungstrichter.

Ab Höhe Nordenham müsst ihr besonders aufpassen: Die Nordsee ist nicht mehr weit und hier verbreitert sich die Wesermündung recht plötzlich, sodass es auch mal ganz schön kabbelig werden kann. Für Anfänger ist dieses letzte Stück nicht geeignet. Von Nordenham sind es etwa 10 km bis zum Strand in Bremerhaven (siehe Karte). Es empfiehlt sich, die Etappe um Stauwasser herum zu beginnen, dann seid ihr in Bremerhaven, bevor der Ebbstrom zu stark wird und ihr versehentlich auf der Nordsee landet. Ein Seekajak bzw. ein Boot mit Seekajakausrüstung wird empfohlen, ebenso eine gute Schwimmweste!

Solltet ihr vor haben noch weiter nach Norden zu paddeln (Routenvorschläge für erfahrene Salzwasserpaddler), müsst ihr euch aller spätestens in Bremerhaven Gedanken um erweiterte Ausrüstung machen: Seekarte und Kompass, evtl. ein Handfunkgerät (je nach Entfernung vom Festland) und Leuchtsignale einpacken. Am Hafen in Bremerhaven laufen täglich riesige Containerschiffe ein und aus – beachtet also unbedingt die Verkehrsregeln. Außerdem können euch plötzliche Wetterwechsel (Starkwind, Nebel etc.) das Leben und die Navigation schwer machen. Wer keine Erfahrung in diesem Bereich besitzt, sollte sich die Wesermündung lieber vom sicheren Festland aus anschauen.

Nun aber noch etwas zum Aufbau und der Hydrologie des Weser-Ästuars:

Ein Ästuar beschreibt eine Flussmündung, die trichter- oder lagunenartig ins Meer reicht und sowohl durch Wellen bzw. Gezeiten als auch durch den Fluss beeinflusst wird. Die vorgelagerte Küste war Senkungen unterlegen oder wurde im Zuge eines Meeresspiegelanstiegs überflutet ¹. Man könnte sie auch als „ertrunkene Küste“ beschreiben. Die Weser besitzt ein tidebeeinflusstes, trichterförmiges Ästuar.

Schematische Darstellung der lateralen Zonierung eines Ästuars. Vereinfacht nach Pritchard (1967) ³.

Grundsätzlich lassen sich Ästuare in vier Bereiche gliedern: Seeseitig (hier Außenweser) dominieren marine Ablagerungsbedingungen, die Gezeitenströmungen und Wellenbewegungen unterlegen sind. Im Mündungsbereich lagern sich grobkörnige Sedimente aus ab. Weiter landeinwärts beginnt der Einfluss der Tide langsam nachzulassen und fluviatile Prozesse kommen zusätzlich zum Tragen. Die Sedimente werden sowohl durch die Fluss- als auch durch die Gezeitenströmung umgelagert. Noch weiter den Fluss hinauf, lässt der marine Einfluss soweit nach, dass das Ästuar nun flussdominiert ist. Die Gezeiten sind hier zwar noch spürbar, spielen aber eine untergeordnete Rolle. Der vierte Bereich ist die Grenze, aber der die Gezeiten überhaupt keine Rolle mehr spielen und das System ausschließlich flussdominiert ist – ab hier beginnt quasi der eigentliche Fluss (sie Abbildung oben).

Dieses Strömungsregime steuert außerdem, wie weit das Salzwasser ins Inland getragen wird. Durch den Dichterunterschied zwischen Salz- und Süßwasser bildet sich eine Zonierung im Ästuar. Das dichtere Salzwasser wird vom Süßwasser überlagert – man spricht von einem sog. Salzkeil. Die Grenzen sind hier mehr oder weniger fließend oder werden beinahe aufgehoben (gut durchmischtes Ästuar). Die Weser besitzt einen teilweise durchmischten Wasserkörper. Durch den großen Tidenhub an der Nordseeküste (Meso- bis Makrotidal) gelangt mehr Salzwasser in das Ästuar und wird mit dem Flusswasser vermischt (siehe Abbildung unten). Diese vertikale Mischungszone wird als Brackwasser bezeichnet.

Schematischer Querschnitt des Wasserkörpers eines Ästuars. Erweitert nach Völker (2010) 4.

Lateral nimmt der Salzgehalt ebenfalls ab. Seeseitig beträgt der Salzgehalt noch etwa 30 Promille, im flussdominierten Bereich nur noch ca. 0,1 Promille. An der Weser reicht der Bereich mit hoher Salinität bis etwas südlich von Bremerhaven und die Brackwasserzone mit niedrigem Salzgehalt reicht etwa bis zur Huntemündung. Ab hier ist der Salzgehalt so gering, dass man von Süßwasser spricht ².


Literatur:

  1. Bahlburg, B. & Breitkreuz, C. (2008): Grundlagen der Geologie (3. Auflage, Spektrum-Verlag)
  2. BIOCONSULT & NLWKN (2012): Sediment Management Strategies in the Weser Estuary – Study in the framework of the Interreg IVB project TIDE. 56 pages. Bremen, Oldenburg. Online
  3. Pritchard, D. W. (1967): What is an estuary: physical viewpoint, (Estuaries. American Association for the Advancement of Science Publication Bd. 83, pp. 3-5)
  4. Völker, D. (2010): Estuare (Infoseite zu Meeresgeologie der FU Berlin, Abgerufen im April 2017) Online

 

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